Freitag, 1. März 2013

Der Letzte Engel [Rezension]

Der Letzte Engel

von Zoran Drvenkar

Originaltitel: Der Letzte Engel
Deutscher Titel: siehe oben
Verlag: cbj
Seitenzahl: 432
Preis als Hardcover: 16,99 [DA] | xxx [EA]
Preis als Taschenbuch: -/- [DA] | xxx [EA]
Preis als Kindle Edition: 13,99 € [DA] | xxx [EA]
Leseprobe: Der Letzte Engel

Über den Autor
 
Zoran Drvenkar wurde 1967 in Kroatien geboren und zog als Dreijähriger mit seinen Eltern nach Berlin. Seit über 20 Jahren arbeitet er als freier Schriftsteller. Zoran schreibt Romane, Gedichte und Theaterstücke über Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Er wurde für seine Bücher mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet und lebt heute in einer alten Kornmühle in der Nähe von Berlin.

Beschreibung


Motte ist sechzehn Jahre alt, als der Tod an seinem Fenster kratzt. An einem harmlosen Wochenende kurz nach Mitternacht bekommt er eine anonyme E-Mail:
sorry für die schlechte nachricht
aber wenn du aufwachst, wirst du tot sein
wir wollten nur, dass du das weißt


Mieser Scherz, denkt Motte, wird aber dennoch ein wenig nervös und beschließt, die Nacht durchzumachen. Natürlich schläft er ein und natürlich wacht er auf - und fühlt sich wie immer.
Bis darauf, dass sein Herz nicht mehr schlägt. Und dann sind da noch diese zwei Flügel auf seinem Rücken ...

Rezension

Was soll ich über das Buch schreiben? Es war einfach nur hammermäßig gut!

Wer den Klappentext gelesen hat, wird denken: "Kenn ich schon ..." So dachte auch ich zuerst und wurde früh eines besseren belehrt. Obwohl es klar ein Buch über Engel ist, geht es mehr um die Menschen, die um sie herum existieren und weniger um die Engel selbst.

Es geht hier um einen jahrhundertealten Konflikt zwischen der Familie, welche die Engel wiederauferstehen lassen möchte und die Bruderschaft, die dies unbedingt verhindern will. Was anfangs nach dem typischen Gut/Böse-Schema klingt, entpuppt sich nach einer Weile zu einem Komplex, bei dem man nicht mehr entscheiden kann, wer nun schlussendlich gut oder böse ist. Beide Seiten sind glaubwürdig dargestellt und haben ausnahmsweise auch mal Motive und Ziele, die sie verfolgen. Hier herrschen wirklich Grauzonen, bei denen der Leser manchmal wirklich nicht weis, auf welcher Seite er stehen soll ... Ich persönlich war ja anfangs für die Familie, aber die Bruderschaft hat auch ihre Argumente ...

Bei den Charakteren verhält es sich ähnlich. Die anfänglichen "Böse Buben" entpuppen sich nach und nach einfach als Menschen, die bestimmte Dinge aus bestimmten Überzeugungen machen und nicht einfach als Möchtegernbösewichte, die einfach dazu da sind, den Hauptpersonen das Leben schwer zu machen. Jeder hat ganz eigene Gründe für Handeln und das macht sie einfach glaubwürdig und sehr realistisch.

Hier gibt es einfach eine riesige Bandbreite an Charakteren und deren Sichtweisen, sodass es stellenweise recht schwierig wird, dem roten Faden der Geschichte zu folgen. Kaum hat man sich mit dem einen Charakter abgefunden, wird schon der nächste präsentiert oder neu vorgestellt. Das führt sehr zu meinem Leidwesen dazu, dass wir vom eigentlichen Protagonisten Motte kaum etwas sehen. Er hat gefühlte drei Auftritte und das war es schon ... Natürlich wird seine Existenz von diversen anderen Beteiligten erörtert und erläutert, jedoch hätte ich mir persönlich doch etwas mehr von Motte selbst gewünscht ... ;) Und Motte selbst ist einfach nur klasse. Er ist der typische Junge von neben an und versucht nicht einmal, den großen Helden zu spielen und sieht die Welt, wie er sie immer gesehen hat. "Business as usual", würde er sagen ^^
Auch die restlichen Nebencharaktere sind wunderbar liebevoll ausgearbeitet worden und jeder Einzelne trägt seinen (wenn auch meist kleinen) Teil zur Geschichte dazu. Wir haben den Sidekick Lars, der sich mit seiner typischen "Teenagerart" perfekt in die Geschichte einfügt. Esko, der lieber in sein altes Leben zurückkehren möchte. Die Gebrüder Grimm, die fleißig nach Märchen suchen und natürlich dürfen die beiden exzentrischen Gräfinnen nicht fehlen, die mit ihrer eigenen Art die Geschichte umschreiben. Aber natürlich darf man auch den Zaren nicht vergessen, der irgendwie fehl am Platze ist, aber irgendwie auch nicht, der sich einfach einfügt und mit seiner eigenen Art überzeugt.
Obwohl wirklich ernste Themen behandelt werden, bringen fast alle Charaktere ihren eigenen Humor mit in die Geschichte. Ich habe mich selbst ein paar Mal dabei ertappt, wie ich laut auflachte.

Ein weiterer Punkt, der einfach nur toll ist, ist der Schreibstil. Obwohl er jetzt nicht wahrlich "neu" ist, findet der Autor seine eigene Art, seine Geschichte zu erzählen, mit eigenen Elementen und Ideen. Die ganze Geschichte ist wie ein Puzzle aufgebaut. Anfangs hat man nur wenige Teile und eine große unbekannte Fläche. Nach und nach kommen immer mehr Teile hinzu und das Gesamtbild fügt sich zusammen. Dabei bleibt man nicht nur in der Gegenwart. Große Teile des Buches spielen sich in ganz anderen Zeitaltern ab, und helfen dem Leser, sich in der komplizierten Welt der Engel zurechtzufinden. Wir bekommen die Hintergrundgeschichte gezeigt und nicht einfach erzählt.
Die Reisen in die Vergangenheit sind zwar wirklich gut geschrieben und tragen auch zum Verständnis bei, jedoch muss ich auch sagen, dass ich gerne etwas mehr von der Gegenwart gesehen hätte.

Obwohl das Buch eigentlich nur einen recht dünnen Plot aufweist, der im Grunde genommen nur eine Hand voll Ereignisse in der Gegenwart behandelt, baut er kontinuierlich Spannung damit auf, dass neue interessante Fakten zur Geschichte auf den Tisch gebracht werden. Wir erfahren, wie welche Charaktere wo und wann involviert waren und was dies wiederrum auf das hier und jetzt ausgewirkt hat. Alle Unbekannten, über die man zu Beginn gestolpert ist, werden nach und nach aufgeklärt.

Das alles sind eigentlich Sachen, die für ein wahres Highlight sprechen, aber leider gibt es auch eine Negativseite. Das Ende ist vollkommen unbefriedigend und wird dem eigentlichen Buch nicht gerecht. Auf den letzten zwanzig Seiten kommt die ganze Geschichte zu einem eher notdürftigen Ende, dass völlig neue Fakten in den Raum wirft und den Leser förmlich vor eine Wand stellt. Erst noch hier, jetzt schon da. Zudem bekommt man einen fiesen Cliffhanger vorgesetzt, der die Geschichte um mindestens neunzig Grad wenden lässt und den Leser wahrlich bedröppelt zurücklässt. Hier war ich persönlich schon etwas enttäuscht und hätte mir einen runderen Abschluss des ersten Buches gewünscht (Das Buch spielt klar auf eine Fortsetzung an).

Alles in allem ist "Der letzte Engel" aber ein wahrlich wunderbares Leseerlebnis. Hier kommt alles zusammen, was man an einem guten Buch schätzt: Eine kreative, gut ausgedachte Geschichte, glaubwürdige Charaktere und einen einzigartigen Humor, der von einem fesselnden Schreibstil zusammengehalten wird. Einzig das unverdiente Ende und die (meines Erachtens nach) zu häufigen Perpektivenwechsel trüben das Bild ein wenig. Nichtsdestotrotz ein wahres Highlight und für eines der besten Bücher, die ich in 2013 lesen durfte. Wer es noch nicht gelesen hat: Schämt euch!

Wertung
Story: 4/5
Charaktere: 4,5/5
Sprache/Schreibstil: 5/5
Emotional: 4/5
Endwertung: 4,375
Altersempfehlung: 14 Jahre



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